Selbstfürsorge für Pflegende

Du gibst jeden Tag alles für andere Menschen. Du tröstest, pflegst, stützt und begleitest. Doch wer kümmert sich um dich? Fast jede fünfte diplomierte Pflegeperson in der Schweiz denkt ans Aufhören. Der Hauptgrund: zu hohe Belastung bei zu wenig Raum für Erholung. Dieser Artikel ist für alle, die verstanden haben, dass Selbstfürsorge keine Schwäche ist, sondern die Voraussetzung dafür, langfristig für andere da sein zu können.

Wichtiger Hinweis

Wenn du dich dauerhaft erschöpft, hoffnungslos oder überfordert fühlst, nimm diese Signale ernst. Professionelle Unterstützung ist keine Schwäche, sondern ein kluger Schritt. Sprich mit deiner Hausärztin oder wende dich an eine Beratungsstelle.

Warum Selbstfürsorge so schwer fällt

Menschen, die Pflegeberufe wählen, haben oft ein ausgeprägtes Helfersyndrom. Das ist keine Diagnose, sondern eine Beobachtung: Du stellst die Bedürfnisse anderer automatisch vor deine eigenen. Im Beruf ist das eine Stärke. Aber es wird zur Falle, wenn du vergisst, dass auch du Bedürfnisse hast.

Dazu kommt der Alltag: Personalmangel, unplanbare Situationen, emotionale Belastung durch Leid und Tod, Schichtarbeit, die den Biorhythmus durcheinanderbringt. Unter diesen Bedingungen erscheint Selbstfürsorge oft wie ein Luxus, den man sich nicht leisten kann.

Die Wahrheit ist

Selbstfürsorge ist kein Luxus. Sie ist die Grundlage dafür, dass du deinen Beruf langfristig ausüben kannst, ohne daran zu zerbrechen. Ein leerer Akku kann nichts mehr geben.

Praktische Strategien für den Alltag

Mikropausen nutzen

Drei tiefe Atemzüge vor dem nächsten Zimmer. Eine Minute am Fenster. Kurze Pausen summieren sich und helfen, nicht völlig aufzubrauchen.

Grenzen setzen

Du musst nicht jede Extraschicht übernehmen. Nein sagen ist keine Illoyalität, sondern Selbstschutz. Übe es wie einen Muskel.

Austausch suchen

Rede mit Kolleginnen über Belastendes. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Und manchmal hilft es schon, gehört zu werden.

Arbeit loslassen

Entwickle Rituale für den Feierabend. Dusche den Tag ab, ziehe andere Kleider an, höre Musik auf dem Heimweg. Trenne Beruf und Privat.

Körperliche Selbstfürsorge

Dein Körper trägt dich durch jeden Dienst. Behandle ihn gut:

Emotionale Selbstfürsorge

In der Pflege erlebst du täglich intensive Emotionen: Angst, Trauer, Wut, aber auch Dankbarkeit und Freude. All das braucht Raum zur Verarbeitung.

Das System verändern

Selbstfürsorge ist wichtig, aber sie darf nicht dazu dienen, ein kaputtes System zu kompensieren. Der Personalmangel, die hohe Arbeitsbelastung und die mangelnde Wertschätzung für Pflegeberufe sind strukturelle Probleme, die strukturelle Lösungen brauchen.

Engagiere dich in deinem Berufsverband wie dem SBK (Schweizer Berufsverband der Pflegefachpersonen). Sprich Missstände an. Unterstütze Kolleginnen, die sich beschweren. Individuelle Resilienz ist gut, aber kollektive Veränderung ist besser.

Fazit

Selbstfürsorge ist keine einmalige Aktion, sondern eine fortlaufende Praxis. Sie beginnt mit der Erkenntnis, dass du es wert bist, gepflegt zu werden. Nicht nur von anderen, sondern vor allem von dir selbst. Du kannst nur langfristig für andere da sein, wenn du auch für dich da bist. Fang heute an: mit einem tiefen Atemzug, einer Pause, einem Nein. Kleine Schritte zählen.